Monday 15 November, 2010

Nepal I - Eine Reisegeschichte

Hallo liebe Gemeinde!

Long time no read. Oder so. Jaaa ich hab lange nichts mehr von mir hören lassen, aber das liegt nur daran, dass wir so viel zu tun haben! Statt zu verstreichen, wie sich das für eine angenehme Reisezeit gehört, verflüchtigt sich unsere. Das heißt aber nicht, dass wir keine tolle Zeit haben! Es ist irre was wir alles erleben, und jetzt ist es nur noch eine Woche, bis wir in Ahmedabad ankommen! Aaaah! Wahnsinn! 



Akutell sind wir in Pushkar, auf dem Kamelfestival! Am Mittwoch fängt hier außerdem noch das große Vollmondfestival an, was wohl ein wichtiges Hindufest in Pushkar ist. Pushkar ist ohnehin ein sehr beliebter Ort für Pilger, da der Gott Bahma hier mal in Tränen ausgebrochen ist und einen kleinen See hinterlassen hat. Rund um diesen gibt es viele Ghats (Treppen), an denen die Pilger sich im heiligen Wasser waschen (und wie im Ganges würde ich das ja nicht machen... Was da alles drin schwimmt... Immerhin gibt es keine Leichenteile wie in der großen Mutter Ganga, und es leben Fische darin, so schlimm kann es also nicht sein) und ihre Pujas machen. Robert und ich sind gestern dort gewesen und ehe wir uns versahen hatten uns zwei Priester geschnappt und dann saßen wir schon am Wasser und haben für unsere Familien und so gebetet. Und natüürlich wollten die Priester dann eine kleine Spende, so 20€ wären schon ok, weil sie haben ja keinen Shop oder sowas, sie sind ja nur arme Priester, und das ist ja auch wichtig für dies und jenes. Ich habe 30 Rupien gegeben und er war ganz schön sauer, aber das war mir egal. Entlassen wurden wir dann mit einer Tikka (dem berühmten roten Punkt) auf der Stirn und einem kleinen Bändchen am Handgelenk. Ich hatte den Priester, der mich mit der Frage, ob ich mit Robert verheiratet sei, mit ja geantwortet, um ihn los zu werden (gebracht hat es leider wenig). Folglich wurde mir das Band an das linke Handgelenk gebunden, statt ans rechte für unverheiratete Frauen. Ich habe es mir nachher schnell an die andere Seite gebunden. 



Aber ich schweife ab. Kathmandu ist das Ziel dieser Geschichte!

Wie alle fängt sie mit Reisen an. Leider war diese weniger erfreulich. Aber keine Angst, es folgt ein Happy End! Von vorne also!
Wir erinnern uns (also ich erinnere mich ehrlich gesagt kaum noch. Das ist ja schon ewig her und so viel ist inzwischen geschehen! Wenn ich die Bilder nicht hätte würde ich wirklich nichts mehr zusammenkriegen), wir befinden uns noch im beschaulichen Darjeeling auf ca. 2000m, über den Wolken bei angenehmen Temperaturen, umgeben von netten Nepalis. Wie sehr würde ich dieses kleine Paradies später vermissen! Früh am Morgen wuchten wir unsere riesigen Rucksäcke auf unsere Rücken und machen uns auf zum Jeepstand, wo wir nochmal Jens und Bea treffen – eine schöne Überraschung. Der Jeep ist schnell gefunden und am Prepaid Stand bezahlt, das Gepäck aufs Dach geworfen und dann geht’s auch schon los. Die ca. vierstündige Fahrt ist schnell vorbei, denn es gibt viel zu sehen, auf dem Weg durch die Käffer steigen immer wieder Leute zu und aus, und wir haben den großartigen Kuchen von Glenary's! 

Die Ankunft in Siliguri nervt mich schon ein bisschen. Es ist irre heiß, verglichen mit dem Bergklima von Darjeeling. Es ist staubig. Es ist sooo laut! Und wir haben, sobald wir aussteigen, erstmal zwei Rikshawallas an der Backe, die wir davon überzeugen müssen, dass wir wirklich wirklich zum Jeepstand laufen wollen. Das tun wir auch, und dort angekommen, es sind vielleicht 500m, bin ich schon wieder klitschnass geschwitzt und dreckig. Wir entscheiden uns gegen eine sofortige Abreise und gehen erstmal was essen. Wir bestellen jede Menge Dinge, die wir nicht kennen, und erhalten unter anderem etwas, das vermutlich Tofu ist, in einer sehr cremigen weißen Soße; und eine Art scharfes Erbsencurry. Dazu jede Menge Naan-Brot. Sehr lecker! 

 

So gestärkt trauen wir uns in den Kampf um den billigsten Fahrer. Wir verlieren natürlich gnadenlos, und zahlen mal wieder viel zu viel. Manchmal kann man die Fahrer gegeneinander ausspielen, aber in diesem Fall klappt das nicht, weil alle Fahrer sich zusammentun und den gleichen Preis verlangen. Wieder wird Gepäck verladen und wir sitzen im Auto Richtung indischer Grenze. Am Ausreisebüro treffen wir auf zwei junge Deutsche, Ellie und Chris, die zusammen auf Weltreise sind und zum Trekken nach Nepal wollen. Wie so oft wenn man unterwegs jemanden trifft, der den gleichen Weg vor sich hat, ergibt es sich wie automatisch, dass man ein Stück gemeinsam geht. 


 

Wir fangen schonmal damit an, indem wir gemeinsam das riesige Flussbett, das die natürliche Grenze zwischen Indien und Nepal bildet, auf einer breiten Brücke überqueren. Der Sonnenuntergang hat schon begonnen und das Land meiner Träume ist in ein wunderschönes Licht getaucht. Für die, die es noch nicht wissen, Nepal war auf meiner Go-to-Liste immer ganz ganz weit oben, seit ich mit 13 oder so Heinrich Harrers Bücher gelesen habe. Leider sträubt es sich erstmal ein bisschen, meinen Vorstellungen gerecht zu werden.

 
Es geht damit los, dass uns die Herren im Einreisebüro sagen, der letzte Bus fahre um 17Uhr. Wir gucken auf unsere Handies – noch 10 Minuten! Also beeilen! Als wir am Busbahnhof ankommen müssen wir erfahren, dass der letzte Bus aber gerade abgefahren ist. Das können wir uns gar nicht vorstellen, dass hier oder in Indien Verkehrsmittel zu früh abfahren wäre ja verkehrte Welt! Doch der Bus ist tatsächlich weg, und zwar weil Nepal 15 Minuten vor indischer Zeit liegt! Aaah! Warum das denn!? Wir ärgern uns schwarz, dass wir in Siliguri so viel Zeit beim Essen vertrödelt haben, und überlegen, wie es weitergehen soll und ob wir nicht doch von den umstehenden Informanten verarscht werden. Aber es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als die Nacht in Karkabbitha zu verbringen. Erstmal kaufen wir gleich ein Busticket. 750 indische Rupien pro Person will der gute Mann für eine Fahrt in seinem Privatbus, der dann aber nicht überfüllt sein, keine Leute auf dem Dach transportieren und auch nicht an jedem Baum anhalten, sondern direkt nach Kathmandu durchfahren würde – das Angebot stellt sich nachträglich in doppelter Hinsicht als überteuert heraus, denn keine der Versprechungen bewahrheitet sich.

Aber erstmal checken wir noch ins nächstgelegene Hotel ein. Um nicht noch mehr Geld unnötig rauszuwerfen kommen wir auf die glorreiche Idee einfach zu dritt in einem Doppelbett zu schlafen! Diese Methode behalten wir ohne Ausnahme bis zum heutigen Tag bei. Nur in Varanasi schläft Sarah aus Platzmangel eine Nacht lang in einem separaten Zimmer. Als wir aus dem Hotel rauskommen ist es schon stockduster, wir gehen mit Ellie und Chris (die sich ein Einzelbett teilen) Chowmein (das ist die hiesige Variante der Standart-Asianudeln) essen. Die Menschen in Karkabbitha werden uns immer unsympathischer, wir haben das Gefühl von vorne bis hinten nur verarscht und ausgelacht zu werden. Aber wer kann es ihnen verübeln, in Karkabbitha bleibt nur, wer einen Bus verpasst hat und will schnellstmöglich wieder weg – dass man davon keine positive Einstellung zu Touristen bekommt ist vorprogrammiert. Wir kaufen noch ein bisschen Reiseverpflegung und fallen hundemüde und viel zu spät ins Bett.






Am nächsten Morgen geht es um viertel vor vier zum Bus, er fährt dann mit einer halben Stunde Verspätung um halb fünf ab, und bis auf uns vier und einen Nepalesen ist er komplett leer – da stimmt doch was nicht! Er hält natürlich an jedem Baum. Wir brauchen gefühlte zwei Stunden um gefühlte 5km zurückzulegen. Und am Ende ist er natürlich komplett überfüllt. Und natürlich sitzen Leute auf dem Dach. Das alles würde mich eigentlich nicht stören, hätten wir nicht dafür gezahlt, dass es nicht passiert! Mann, ich war schon wieder stinkig. Aber auf einer 14 ½ -stünigen Fahrt hat man ja genug Zeit sich über seine negativen Gefühle Gedanken zu machen und zu überlegen, dass das vielleicht einfach unnötig ist, weil es nunmal jetzt so ist wie es ist und die Situation sicherlich nicht die letzte ihrer Art ist. Aber es ist gar nicht so einfach. Unsere Erfahrung beim Mittagsessen-Zwischenstop macht es mir auch nicht leichter: In Nepal bekommt man immer zweimal kostenlos Nachschlag, wenn man ein Thakali Set bestellt hat (das Gericht, das in Indien Thali heißt, besteht aus Reis, Dal (Linsenbrühe), Gemüsecurry und einer weiteren Gemüseart, manchmal so eine Art Spinat, manchmal Roberts geliebte Mixed Pickles, und je nach dem ob man das bestellt hat oder nicht, auch ein Fleischcurry) und wir hatten sowieso nicht viel Hunger. Also nehmen wir uns nur eine Platte und essen zusammen davon. Wir essen nichts von dem Fleisch, weil sich das vom Frühstück als nicht empfehlenswert herausgestellt hat (ja, hier gibt es mitunter dreimal am Tag Thakali), und nehmen uns nur einmal Nachschlag. Als wir das Lokal verlassen und zahlen wollen, verlangen die Betreiber aber, dass wir für drei Sets zahlen, und auch für das Fleisch, immerhin hätten wir zu dritt gegessen und dass wir kein Fleisch wollen hätten wir vorher sagen müssen! Die umstehenden Mitreisenden machen keine Anstalten uns zu helfen, und die Restaurantbesitzer behandeln uns einfach wahnsinnig respektlos, so versucht z.B. ein Mann einfach Robert das Geld aus der Hand zu nehmen! Sowas würde er sich gegenüber einem Nepalesen niemals erlauben! Ich bin irrsinnig sauer, und die Diskussion führt zu nichts. Ein älterer, ganz in weiß gekleideter Herr, mit dem sich Robert früher schon unterhalten hatte, rät mir einfach zu zahlen, dies sei kein guter Ort und die Leute seien es auch nicht.



Ich verfluche bereits Land und Leute, zumal sich auch die versprochene Ankunftszeit von 17 Uhr nicht mehr realisieren lässt. Der Bus ist viel zu eng um 15 Stunden darin zu verbringen und meine Sitznachbarin, die mir zwar von ihren gesalzenen Kichererbsen abgibt und im Gegenzug gerne meine indischen Zeitschriften liest, spricht leider kein Wort Englisch. Tagebuchschreiben kann man auch vergessen, weil nepalesische Straßen diesen Namen nicht einmal verdienen, meist sind es Schotterpisten über die unser Bus hoppst und ruckelt. Und wir wissen noch nicht, wo wir die Nacht verbringen werden.


Der einzige Lichtblick ist der ältere Herr mit seiner weißen Batschkapp, der uns anbietet uns in Kathmandu bei der Hotelsuche zu helfen. Ich nenne ihn fortan Mr. White Rabbit, Sarah hat ihm diesen Namen glaube ich gegeben (er hat uns auch seinen wirklichen Namen genannt, aber den vergesse ich immer). Tatsächlich erinnert es mich ein bisschen an Alice im Wunderland, wie wir dieser weißen Gestalt durch das unbekannte Land hinterherlaufen. Und wie er uns hilft! Der Busbahnhof in Kathmandu ist ein einziges Chaos. Es gibt kein einziges Schild, das einem irgendetwas erklärt. Wir haben keinen Lonel Planet für Nepal, weil er uns zu teuer war, und nur einen kleinen blöden Marco Polo Führer, den ich gekauft hatte, weil er billig war, und der zu gar nichts nütze sein wird. Wir erkennen nicht einmal die Taxis! Und was eines kosten sollte wissen wir auch nicht, wir haben uns ja noch nicht einmal an den Wert von nepalesischen Rupien gewöhnt (1€=100NPR, für ca. 200NPR kann man so viel köstlich essen und trinken, dass man hinterher aus dem Restaurant hinaus rollen muss!), was wären wir hier ohne ihn. Ellie und Chris halten nicht so viel von der Idee einem wildfremden Mann, der sagt er würde uns ein Hotel organisieren, hinterherlaufen. Tatsächlich würde ich das in den meisten Situationen auch nicht machen, denn am Ende bezahlt man die Kommission, die er vom Hotel erhält, für den Schlepper mit. Doch hier haben wir ein gutes Gefühl, und wir überreden sie mit uns mitzukommen. Er organisiert uns ein Taxi (kleiner länglicher japanischer Miniminibus, in den wir zu sechst mit all unserem Gepäck gerade so hineinpassen), das uns durch ein Missverständnis mit Mr. White Rabbit irgendwo rauslässt, keine Ahnung wo. Er hatte nicht verstanden, dass wir nach Thamel wollen, und so müssen wir jetzt, hundemüde und schwer bepackt, dort noch hinlaufen. Doch als wir ankommen habe ich gleich ein besseres Gefühl – es ist zwar wirklich ein sehr touristischer Stadtteil, mit Restaurants und Klamotten- und CD-Läden überall, aber es ist hell (Thamel scheint mir überhaupt der einzige richtig gut beleuchtete Bereich in ganz Nepal zu sein), es gibt Schilder und es gibt Hotels! Juhu!





Doch die herbe Enttäuschung kommt sogleich – ganz Thamel ist nach Meinung verschiedener Leute ausgebucht! Mittlerweile ist es halb acht, wir sind seit halb vier auf den Beinen, haben eine lange blöde Busfahrt hinter uns und sind wirklich müde. Doch Mr. White Rabbit versucht immer noch an seinem Handy jemanden zu finden, der uns unterbringen kann. Er sagt, gleich käme ein Freund seines Sohnes, der sei Hotelbesitzer und wisse vielleicht was, wir müssten nur ein bisschen warten. Das ist dann der Punkt, an dem sich Ellie und Chris verabschieden. So langsam hat mich ihr Geunke (der will uns nur abzocken, der kriegt doch Kommission, in der Zeit in der wir hier rumstehen hätten wir sieben Hostels angesehen haben können,...) genervt und ich bin nicht traurig, dass sie gehen. Kurz darauf kommt auch schon der Hotelbesitzer und erklärt uns, es sei tatsächlich alles voll und er würde aber versuchen, eine Lösung für uns zu finden. Wir folgen ihm zu seinem Hotel „Holy Lodge“ und werden dort für alles entschädigt, was uns die blöde Reise abverlangt hat. Der Mann hat wirklich nichts mehr frei, aber er bietet uns an, heute Nacht in seinem Spa zu auf den Massagebänken zu schlafen! Ha! Wie cool ist das denn!? Wir haben einen eigenen Bereich mit eigenem Bad und Dusche, dazu ist es wohl der sauberste Ort im ganzen Hotel! Und der Hammer: Wir zahlen 200NPR für die Nacht! Das ist 2€, also nichtmal 1€ pro Person! Waaah :D Ich bin sooo glücklich, ich könnte herumhüpfen und die ganze Welt umarmen, zumindest knuddel ich Sarah und Robert mal ganz doll um ein bisschen Energie loszuwerden. 

Nachdem wir uns frisch gemacht haben (das Tuch belegt, dass wir zieeemlich dreckig waren...) sind wir mit einem der Hotelmitarbeiter essen gegangen - nepalesische Thakalis natürlich! Der gute Mann bringt dann noch den Spruch der Woche, auf Roberts Frage, ob er sich die Hand waschen könne, antwortet er nur total trocken: "Of course you can, I mean, it's your hand!" :D


Soo. Damit endet unsere Anreise, und bis zu unserer Abreise war Nepal dann auch ganz wunderbar. Davon erzähle ich euch aber beim nächsten Mal. Ich hoffe, dass das nicht wieder so lange dauert...


Fühlt euch alle ganz lieb gegrüßt und gedrückt! Ich denke oft an euch und würde all die Eindrücke hier viel lieber live mit euch teilen. Vielleicht erfinde ich irgendwann mal Duftkommunikation, die Gerüche hier muss man eigentlich schon mitkriegen!

Bis bald mal wieder!






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